Am 1. Mai 2009 waren vom Dortmunder Hauptbahnhof kommend bis zu vierhundert Autonome Nationalisten in der Innenstadt, auch am Platz der Synagoge, dem Sammelplatz des DGB für die Maidemonstration, überaus aggressiv, randalierend und gewalttätig gegenüber Menschen unterwegs. Daran ließ das Gericht keinen Zweifel und auch die Verteidigung musste zugeben, dass Gewalt im Spiel war. Mit dabei, zumindest teilweise, die Angeklagten Alexander D. und Denis G.. Allerdings konnte durch das Gericht den Angeklagten die Gewalttätigkeiten personenbezogen nicht nachgewiesen werden. Daher Freispruch. Wenn auch, so der Vorsitzende Richter, von einer moralischen Mitschuld ausgegangen werden könne.
Dieses Urteil kam nicht überraschend. Schon die Staatsanwaltschaft machte in ihrem Plädoyer mit Verweis auf § 125 Strafgesetzbuch deutlich, „dass es nicht strafbar sei, in einer unfriedlichen Menge mitzulaufen“, das „einfache Mitmarschieren in einer gewalttätigen Menge sei nicht kriminell.“ Der Staatsanwalt bedauerte, dass „die Polizeiangaben nicht so ergiebig sind, wie ich es erwartet habe.“ Ein Geschmäckle bleibe trotzdem zurück. Letztlich kamen die Staatsanwaltschaft und das Gericht zu der Erkenntnis, dass u. a. die Tatbestandsmerkmale nach § 125 Strafgesetzbuch den Angeklagten nicht zugeordnet werden könne.
Nur von „mittelbarer Bedeutung“ seien die Vorgänge, die vom DGB und den Medien als „Überfall“ bezeichnet würden, so das Gericht. Das Gericht erkannte in diesem Zusammenhang „keine Drohgebärden von Rechts“, „keinen unmittelbaren Angriff“ und „der Abmarsch sein ohne Schreckensbekundungen“ vor sich gegangen. Diese Feststellung ist mehr als erstaunlich. Das Gericht hat sich zwar mit den Geschehnissen am Platz der Synagoge unmittelbar n a c h dem Überfall auseinander gesetzt, sich allerdings nicht mit den konkreten Tathergängen beschäftigt, die der DGB und die Medien als Überfall bezeichnen. Bemerkenswert auch: Augenzeugen, auch Polizeibeamte (eingesetzt z. B. für die Verkehrslenkung), am Überfall unmittelbar beteiligt, waren als Zeugen vor Gericht nicht geladen – obwohl vom DGB der Staatsanwaltschaft namentlich bekannt gemacht. Nicht der einzige Vorgang, der zum Nachdenken anregt.
Es bleiben Fragen offen, wie z.B.:
Das noch nicht vorliegende schriftliche Urteil wird vom DGB sorgfältig ausgewertet. Weitere Fragen sind noch offen. Diese werden in den nächsten Wochen gezielt an die Verantwortlichen der Polizei und der Justiz gestellt. Zu einer Pressekonferenz zum Thema wird der DGB einladen für Donnerstag, 5. Juli 2012. 12:00 Uhr.
Eberhard Weber
22. Juni 2012
Zur Information
aus dem Strafgesetzbuch:
§ 25 Landfriedensbruch
(1) Wer sich an
1. Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder
2. Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,
die aus einer Menschenmenge in einer die öffentlichen Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, gilt $ 113 Abs. 3, 4 sinngemäß.
Prozess gegen die Rädelsführer des Überfalls auf die Maidemonstration des DGB
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